Auf der diesjährigen Konferenz zu Software Craftsmanship und Testing verfolgten wir Teilnehmer ein gemeinsames Ziel: ethisch vertretbare Softwareentwicklung im 21. Jahrhundert.
Ganz dem Geist des Manifestos für Software Craftsmanship und dessen Ethiken war uns der Teil „we share“ wichtig. Um das Wort über das Handwerk der Softwareentwicklung voran zu treiben, haben wir deshalb am letzten Tag der Konferenz zusammengesessen und über die Gründung verschiedener User Groups in ganz Deutschland verteilt gesprochen.
Unter dem Namen Softwerkskammer sind diese User Groups nun auf die Menschheit losgelassen worden. Dies sind meine Gedanken nach den jeweils ersten Meetings der Gruppe in Münster-Osnabrück-Bielefeld (ja, das gibt es!) sowie in Hamburg.
Nachdenklich stimmt mich die Frage nach einer Definition von Software Craftsmanship. Interessanterweise scheinen sich in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland nur wenige mit dem Thema auseinandergesetzt zu haben. Als Einstieg will ich hier nur eine grobe Definition geben. Bei mehr Interesse gedenke ich später tiefer zu tauchen, bzw. die Erkenntnisse der User Groups hier mit aufzunehmen.
Am eindrucksvollsten halte ich die Definition von Jason Gorman, die er während der Debatte um die Ethiken (analog zu den Prinzipien im Agilen Manifest) entdeckt hat. „We care, we practice, we learn, we share.“ Der oftmals wahr genommene Teil von wundervollem Code taucht hier nur in dem ersten Satz auf, ständige Übung, lebenslanges Lernen und Wissensteilung sind die Dinge, die leider viel zu oft unter den Tisch fallen.
In diesem Sinne haben wir bei unserem ersten Treffen in Osnabrück überlegt, wie wir den „share“-Teil unterbringen können. Ein Thema war der Global Day of Code Retreat am 3. Dezember. Martin Klose wird hierzu einen Termin in Bielefeld anbieten – nicht direkt unter dem Namen der User Group, aber trotzdem eine gute Gelegenheit, die eigenen Fähigkeiten auf die Probe zu stellen.
Was ist ein Code Retreat? Nun, diese Frage wurde auch auf dem Treffen in Hamburg gestellt, als wir in einem World-Cafe Format über mögliche Themen sprachen. Bei einem Code Retreat geht es darum, ein Problem über den Tag verteilt mehrfach mit unterschiedlichen Programmierpartnern zu implementieren. Dabei wird in 45 Minuten Abschnitten gearbeitet, und nach jedem Abschnitt wird über den Code reflektiert, bevor er vollständig von der Festplatte eliminiert wird, und der Zyklus auf ein neues beginnt. Code Retreats sind also ein Element, die Übung und Lernen unter einen Hut bekommen.
Während wir in Osnabrück beim ersten Treffen gemerkt haben, dass wir mit den drei Städten eine andere Organisationsform benötigen werden, sind wir so verblieben, dass wir im Jahr 2012 alle drei Monate eine größere Veranstaltung unter dem Namen SoCra-MOB organisieren wollen. Parallel dazu wird es Treffen in den einzelnen Städten geben, die erstmal nur lokal ausgelegt sind, aber natürlich ist ein Bielefelder auch in Münster willkommen!
In Hamburg haben wir uns überlegt, welche Themen uns wichtig sind, welche Schwerpunkte wir setzen möchten, und wie häufig wir uns treffen wollen. Da wir uns monatlich am dritten Dienstag treffen wollen, steht auch schon der nächste Termin am 15. November an. Ort wird noch bekannt gegeben. (Ich kann leider wegen eines Terminkonfliktes nicht anwesend sein.) Bei den Schwerpunkte es unter anderem auch um guten Code gehen – z.B. dem Unterschied zwischen Clean Code und Clean Code Developer – aber auch um Soft Skills und wie wir die kommende Generation von Softwareentwicklern unterstützen und ausbilden können. Beim nächsten Treffen soll es zunächst eine Fishbowl zum Thema Software Craftsmanship geben, um der Frage nach der Definition näher auf den Grund zu gehen. Hier sind die Flipcharts aus dem World-Cafe in Hamburg.
An dieser Stelle vielen Dank an meine Mitstreiter bei der Organisation dieser User Groups, Andreas Simon, Oliver Paczkowski, Martin Klose sowie Roland Jülich. Die Vorabgespräche und die Energie, die Ihr in die Organisation gesteckt habt, bleiben mir unvergessen.
Zu guter Letzt noch eine Beobachtung, die ich gemacht habe. Die Anzahl der Teilnehmer auf der SoCraTes (ca. 60), auf dem Treffen in Osnabrück (ca. 10) und in Hamburg (ca. 25) zeigt mir vor allem eins: Software Craftsmanship hat ein großes Potential in Deutschland. Über die Ursachen will ich hier nicht spekulieren, aber ich bemerke das rege Interesse, den Stand unseres Handwerks voranbringen zu wollen. Oder wie Micah Martin kurz nach der Veröffentlichung des Craftsmanship Manifests schrieb: „There are fighting crappy code.“ (Ersetzung in spitzen Klammern.) Recht hat er und das ist auch gut so.